Ab September 2026 gibt es eine neue verbindliche Regelung zu allen auch nur entfernt „grünen“ Werbeaussagen und Behauptungen ...
Rossmann spricht Klartext zur CO2-Kompensation via Wald- und Forstwirtschaft.
Raoul Rossmann, der CEO der Rossmann Drogeriemärkte mit ca. 60.000 Mitarbeitern, 4.500 Filialen und einem Umsatz von ca. 12 Milliarden Euro, hat sich in einem Interview mit der Zeit (Paywall) kritisch zum Thema „CO2-Neutralität von Unternehmen mittels Kompensation durch Waldschutzzertifikate“ geäußert. Das Unternehmen werde auf Basis solcher Zertifikate erlangte Klimaneutralität nicht länger als Prädikat in seiner Kommunikationsarbeit einsetzen.
Hauptkritikpunkt ist, dass, wie Untersuchungen ergeben hätten, der Beitrag von Waldschutzprojekten häufig überschätzt werde. Außerdem wird angeführt, dass Stand heute geschützter Wald, der als CO2-Senke über ein Zertifikat als CO2-Kompensation angeboten wird, „morgen“ ja trotzdem abgeholzt werden kann. Denn es gibt meistens keine Bestandsgarantie. Daher kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Zertifikat zu einer zusätzlichen (!) Speicherwirkung des Baumbestandes beiträgt. Insofern ist es unter Umständen nicht seriös, hierin eine echte Kompensation zu sehen.
Das Kriterium der „Zusätzlichkeit“ ist übrigens eines der wesentlichen Bemessungskriterien, ob eine zertifizierte Einsparmaßnahme wirklich neue Einsparungen generiert. Ein finanzieller Beitrag zu einer schon abgeschlossenen oder ohnehin durchgeführten Maßnahme erfüllt dieses Kriterium nicht. Hierzu ist am 03.02.2023 ein spannendes Stück des Recheteams von Flip erschienen.
Das Thema Wald- und Forstwirtschaft verfolgen wir von be nice und unserem Verein nice e.V. (network initiative circular economy) schon lange. Abholzung wird oft als nachhaltig betrachtet, etwa um Holzbaustoffe und sogar Holz-Heizstoffe zu „produzieren“. Dann wird die Fläche neu bepflanzt und der bisherige Waldbestand löst im schlimmsten Fall (bei der Verbrennung) sein gespeichertes CO2 komplett auf. Entlässt es also in die Atmosphäre.
Im besten Fall wird das Holz mit dem bislang gespeicherten CO2 weiterverwendet, etwa als Baustoff für ein Gebäude. Neues CO2 kann das Holz dann für die Zukunft nicht mehr aufnehmen, da ja sein organisches biologisches Umfeld (Wurzeln, Boden usw.) fehlt.
Will man also auf Basis von Holz- und Forstwirtschaft CO2 kompensieren oder reale CO2-Senken im Sinne eines Capturing auf diesem Wege betreiben, wird das nur auf dem Weg über Transparenz und rechnerische Nachvollziehbarkeit gehen.
Ziel unserer Arbeit ist, ein pragmatisches und für Euch hilfreiches Fazit zu ziehen, das Euch hilft, Eure nachhaltigen oder auf dem Weg dorthin befindlichen Brands aufzubauen und zu kommunizieren!
Wir glauben, dass zunächst der Hauptanteil des von einem Unternehmen verursachten CO2s durch Produkt- und Prozessveränderungen eingespart werden muss. Bleiben dann noch negative Salden von CO2 oder Äquivalenten, ist über eine Kompensation das Erreichen rechnerischer Klimaneutralität möglich. Dies ist soweit auch völlig in Ordnung, wenn das Mittel der Kompensation auch wirklich funktioniert, also das Geld für die Zertifikate in wirksame Maßnahmen fließt.
Ist es sinnvoll, über Wald- und Forstprojekte zu kompensieren?
Wir meinen nein, außer das Geld fließt in einen unumkehrbaren Kauf von Wald- oder Dschungelfläche und entzieht diese dauerhaft jeglicher zerstörender Verwertung. Ähnlich wie es bei Regenwäldern von der Firma Patagonia gemacht worden ist. Denn was soll es bringen, den Schutz eines Waldes heute zu zertifizieren und in 10 Jahren wird er abgeholzt und durch Mini-Setzlinge ersetzt, die 20 Jahre brauchen, um den gleichen CO2-Speicherungseffekt zu haben? Denn die sogenannte Kohlenstoff-Senke, also die Kapazität eines Baumes, CO2 zu speichern, endet meistens mit der Abholzung und dem Einbau von Holz zum Beispiel in einen Neubau.
Unsere Tipps für alle, die im Umfeld grüner (oder grün werdender Brands) Kommunikationsverantwortung tragen:
- Vermeidet Slogans, die vielleicht große Teile Eurer Zielgruppe nicht mehr glauben oder noch nie geglaubt haben, etwa um jeden Preis Formulierungen wie „abbaubar“ oder „nachwachsend“ zu verwenden, wenn Ihr es nicht „hart“ begründen könnt. Das führt sonst bestenfalls zu Unglaubwürdigkeit und Beliebigkeit Eurer Marke.
- Macht Euch nicht besser als Ihr seid aber kommuniziert extrem differenziert und transparent, welche Bemühungen ihr grade umsetzt. Alle sitzen im gleichen Boot. Viel stärker als 100ste Wiederholung von Floskeln wirkt Ehrlichkeit und Transparenz bezüglich Eurer Bemühungen.
- Kommuniziert Euer Verständnis von Nachhaltigkeit, denn hierin liegt eine große Brandingchance: Denn es gibt noch keine allgemein gültigen Definitionen etwa von Nachhaltigkeit oder Zirkularität, aber es gibt viel Wissen über die Graubereiche, die neuen Techniken und Verfahren und die Möglichkeit, daraus herausragende und wirksame Kommunikation zu machen!
Meldet Euch jederzeit bei uns, wenn Ihr wissen möchtet, wie ihr kraftvoll und wirksam kommuniziert, ohne in Greenwashing-Fallen zu tappen.
Foto von Markus Spiske auf Unsplash