Infos zur EU-Regulatorik über das Marketing mit Nachhaltigkeit // Was müssen Unternehmen rechtlich zum Thema Green-Claims / Greenwashing wissen? (Teil 2 – Ausführliche Erläuterungen)

Aktuelles

Die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucherinnen und Verbraucher für den ökologischen Wandel (englisch: Directive on Empowering Consumers for the Green Transition, „Empowering Consumers Directive“ / „EmpCo“) gilt ab September 2026 als Deutsches Recht.

Das Einschneidende an der EmpCo, das bislang kaum jemand auf dem Schirm hat, ist, dass sie ab Ende September 2026 für Werbeaussagen gelten wird, die bereits auf dem Markt befindliche Produkte betreffen. Sie gilt also rückwirkend.

Das heißt, spätestens ab dem heutigen Tage ist sie zu berücksichtigen für alle Kommunikationsentscheidungen, die irgendwie Nachhaltigkeit auch nur „streifen“, bis hin zum Namen Eures Unternehmens, dem Hangtag an Euren Kleidungsstücken oder dem kleinen Aufkleber auf Eurer verkauften Maschine.

Betroffen sein werden im Prinzip alle Unternehmensgrößen, B2B wie B2C, allerdings ist es noch nicht 100% sicher, ob auch die Deutsche Umsetzung der Richtlinie ausdrücklich B2B-Unternehmen einschließt. Das handhaben europäische Länder unterschiedlich. Dennoch: Arbeitet Ihr für OEMs, die wiederum B2C-Lines-of-Business haben, seid ihr natürlich mittelbar betroffen durch die erforderliche Einheitlichkeit der Marketinpropositionen. Innerhalb Eurer B2B-Zielkunden / OEMs wird nicht mit mehreren Maßstäben hantiert werden können. Weder Marketing, noch Legal, noch Sales würde diese „Schizophrenie“ durchhalten, ein Green-Claim im Sinne von Mercedes ist ein Green-Claim im Sinne von Mercedes, egal ob der Lieferant (Ihr) eine B2B-Linie (z.B. LKW) oder eine B2C-Linie (PKW) beliefert. Und daran werden sich die allermeisten Lieferanten halten müssen. Es gibt also ähnlich wie bei CSRD indirekte Verpflichtungen, sich an die Regeln zu halten, auch wenn sie nicht unmittelbar für uns gelten mögen.

Die Richtlinie untersagt allgemeine Umweltbehauptungen wie „umweltfreundlich“, „natürlich“, „biologisch abbaubar“, „klimaneutral“ und „ökologisch“, es sei denn, sie sind nachweisbar.

Positive Umweltangaben über ein Produkt dürfen nicht mehr auf Emissionsausgleichssystemen basieren, wie zum Beispiel das Versprechen von klimaneutralem Fliegen durch finanzierte Aufforstung. Es wird nur noch Öko-Label oder Nachhaltigkeitssiegel geben, die durch ein Zertifizierungssystem unterstützt werden, sowie ein einheitliches Etikett für Garantieinformationen.

Außerdem dürfen Produkte nur dann als reparierbar beworben werden, wenn sie diese Eigenschaft tatsächlich erfüllen.

Betroffen sind unter anderem

  • Inhaltsangaben, soweit sie die gesetzlichen Vorschriften ergänzen oder übersteigen
  • Verpackungsangaben, etwa zu Recyclebarkeit, Abbaubarkeit oder Schadstoffen
  • Verpackungsaufdrucke und Beileger
  • Verkaufsunterlagen
  • Texte für Ausschreibungen, an denen ihr teilnehmt
  • Kataloge und Broschüren
  • Messekommunikation
  • Videos
  • Webseiten und Shop-Beschreibungen
  • Beklebungen von Produkten, Autos, LKW, Containern, Maschinen
  • Beschilderungen off-, wie online, Einträgen des Unternehmens und von Produkten in Branchenverzeichnissen, Social Media und Web-Profilen und -datenbanken, Profilangaben in allen Onlineprofilen des Unternehmens und der Mitarbeitenden
  • Messestände
  • Handelsregistereintragungen
  • Geschäftsausstattung
  • PR-Texte, Abstracts von Vortragsveranstaltungen, Präsentationen
  • Stellenanzeigen und Employer-Branding-Kommunikation

Warum ist die Green-Claims-Directive / Anti-Greenwashing-Richtlinie derzeit noch nicht relevant?

Sie ist im Gegensatz zu der hier besprochenen Richtlinie noch nicht beschlossen. Es gibt noch keine festen Inhalte, auf die wir uns heute schon einstellen könnten. Das neugewählte Europäische Parlament hat am 16. Juli 2024 die Arbeit aufgenommen und wird sich erneut damit beschäftigen. Nach der Zustimmung des Europäischen Rates werden die sogenannten Trilog-Verhandlungen aufgenommen. In deutsches Recht wird die Green-Claims-Richtlinie aufgrund der langen Bearbeitungsfristen allerfrühestens Anfang 2027 überführt werden können. Ihre Hauptregelung, die vorherige Freigabe von Slogans und Behauptungen, liegt also noch in relativ weiter Ferne.

Welche Unternehmen sind von der Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher (EmpCo) Richtlinie betroffen?

Die Richtlinie richtet sich Stand jetzt primär an B2C-Unternehmen. Einige EU-Länder haben bereits angekündigt, sie auch im B2B-Bereich anzuwenden. Es ist noch nicht absehbar, wie Deutschland sich entscheiden wird. Wenn eure B2B-Kunden Produkte an Endverbraucher weiterverkaufen, erwarten sie oft, dass die Umweltaussagen aus eurer Lieferkette beibehalten werden können.

Kleinunternehmen sind von der EmpCo ausgenommen, wenn sie:

– Weniger als 10 Mitarbeitende und einen Jahresumsatz von unter 2 Millionen Euro haben
– Ein zusätzliches Jahr Karenz haben, wenn sie unter 50 Millionen Euro Jahresumsatz und weniger als 250 Mitarbeitende haben

Bei jedem der beiden Grenzwerte führt das Überschreiten eines der beiden Kriterien zum Wegfall der Ausnahme.

Wichtig

Kennzeichnungen und Angaben, die nach EU- oder nationalem Recht verpflichtend sind, sind von der Richtlinie ausgenommen. Das ist im Einzelfall zu prüfen.

Verbot allgemeiner Umweltaussagen

Allgemeine Aussagen wie „grün“ oder „klimaneutral“ müssen eine anerkannte und relevante hervorragende Umweltleistung nachweisen. Dies muss den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 66/2010 oder anderen nationalen und regionalen Umweltkennzeichen entsprechen.

Nachhaltigkeitssiegel

Diese Siegel müssen von staatlichen Stellen eingeführt oder auf einem unabhängigen Zertifizierungssystem basieren. Nutzer, Inhaber und Prüfer müssen unabhängig voneinander sein.

CO2-Kompensation

Begriffe wie „klimaneutral“ dürfen nicht mehr verwendet werden, wenn sie auf CO2-Kompensation basieren. Produkte müssen tatsächlich klimaneutral sein.

Zukünftige Umweltleistung

Aussagen über zukünftige Umweltleistungen müssen klare, überprüfbare Verpflichtungen und einen detaillierten Umsetzungsplan enthalten.

Werbung mit gesetzlichen Vorgaben

Es ist nicht mehr erlaubt, gesetzliche Mindeststandards als Unterscheidungsmerkmal zu bewerben. Produkte, die über gesetzliche Anforderungen hinausgehen, können jedoch weiterhin beworben werden.

Kreislaufwirtschaft und Produktaussagen

Informationen über Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit von Produkten müssen transparent sein.

Relevante Umweltaussagen

Umweltaussagen dürfen sich nicht mehr auf das gesamte Produkt oder Unternehmen beziehen, wenn sie nur einen Teilaspekt betreffen.

Weitere rechtliche Details

Die EmpCo sieht Änderungen an der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL) vor, die ihren Weg in das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) finden werden. Das UWG ist die hauptsächliche Rechtsgrundlage für Urteile im Greenwashing-Kontext in Deutschland.

Fazit

Die neue Empowerment Consumer Richtlinie EmpCo ist ein Schritt der EU hin zu strengeren Regelungen für Umweltwerbung. Unternehmen sollten bereits jetzt die neuen Vorgaben beachten, insbesondere wenn ihre Produkte auch 2026 noch auf dem Markt sein werden.

Support

Meldet euch jederzeit bei uns, wenn ihr ein Projekt aufsetzen möchtet, das euch die Sicherheit gibt, bis 2026 und darüber hinaus erfolgreiche Nachhaltigkeitskommunikation zu betreiben.

Wir arbeiten sehr gern mit den  unterschiedlichsten Unternehmensabteilungen und moderieren auf Wunsch auch Prozesse, setzen Workshops auf und führen sie durch,  unterstützen bei Transformation, Teambuilding sowie – natürlich – bei anfallenden Marketingthemen wie Marken- und Salesstrategie, Content, Design oder Digital. 

Ein erstes Gespräch bringt immer immer Mehrwert.

Image by freepik

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